Heiko Postma„Lauter kleine Odysseen“
mit Kathrin Dittmer, Andreas Huß & Robert Paterson
Bei dieser Bloomsday-Begehung darf man sich keineswegs beirren lassen, denn es geht ins Labyrinth.
So jedenfalls bezeichnete James Joyce die Erzähltechnik seines zehnten, nach den antiken Irrfelsen benannten Ulysses-Kapitels, das in 19 Sektionen eingeteilt ist und diesmal auf unserer Lese-Agenda steht. Außer den Protagonisten Leopold Bloom und Stephen Dedalus wandern die unterschiedlichsten, meist aus früheren Ulysses-Kapiteln bekannten Bürger an diesem 16. Juni 1904 zwischen 15 und 16 Uhr durch Dublins Straßen, mal südlich, mal nördlich der Liffey. Gleichsam das Grundmuster des gesamten Romans spiegelnd, labyrinthisch verwoben – schon wegen der vielen eingeschobenen Verweise auf das gleichzeitige Geschehen andernorts.
Ausgerechnet für diese Episode gibt es kein unmittelbares Vorbild in Homers Odyssee, da die Zauberin Kirke ihren Geliebten erfolgreich vor den berüchtigten Klappfelsen warnt, durch die nur ein einziges Schiff, die „Argo“, einigermaßen unbeschadet gelangt sei. Doch wenn sich selbst der große Homer bei der Argonautensage bediente, konnte es ihm James Joyce selbstredend nachtun …
Damit zwischen den Dubliner Irrfelsen niemand die Orientierung verliert, fungiert Heiko Postma als Lotse durch die Textpassagen, vorgetragen von Kathrin Dittmer und Andreas Huß, während Robert Paterson, unser Barde aus Belfast, stimmkräftig für die irischen Begleitklänge sorgt. Und wie stets stehen an der Hausbar die bekannten irischen Genussmittel bereit. Also – auf ins Dubliner Straßenlabyrinth!
Heiko Postma, geb. 1946 in Bremerhaven, studierte Germanistik, Philosophie und Politik und promovierte 1975 über Arno Schmidt. Er veröffentlicht Biografien, Kritiken und Rundfunk-Features, Vorträge und Übersetzungen und lebt in Hannover.
Robert Paterson, geb. 1949 in Belfast, studierte Philosophie und Sozialpädagogik. Er lebt seit 1974 in Höxter, ist als Sozialpädagoge tätig und Mitglied des Folkduos „Paterson und Paterson“.