Robert Menasse„Die Hauptstadt“
Moderation: Ulrich Kühn
Wegen der großen Nachfrage wird die Lesung im Kleinen Sendesaal des NDR (Rudolf-von-Bennigsen-Ufer 22) stattfinden.
Für seinen Roman Die Hauptstadt hat der österreichische Autor Robert Menasse den Deutschen Buchpreis 2017 erhalten. Laut Jury ist in dem in Brüssel spielenden Werk "Zeitgenossenschaft literarisch so realisiert, dass sich Zeitgenossen im Werk wiedererkennen und Nachgeborene diese Zeit besser verstehen werden."
Fenia Xenopoulou, Beamtin in der Generaldirektion Kultur der Europäischen Kommission, steht vor einer schwierigen Aufgabe. Sie soll das Image der Kommission aufpolieren. Aber wie? Sie beauftragt den Referenten Martin Susman, eine Idee zu entwickeln. Die Idee nimmt Gestalt an – die Gestalt eines Gespensts aus der Geschichte, das für Unruhe in den EU-Institutionen sorgt. David de Vriend dämmert in einem Altenheim gegenüber dem Brüsseler Friedhof seinem Tod entgegen. Als Kind ist er von einem Deportationszug gesprungen, der seine Eltern in den Tod führte. Nun soll er bezeugen, was er im Begriff ist zu vergessen.
Und auch Kommissar Brunfaut steht vor einer schwierigen Aufgabe. Er muss aus politischen Gründen einen Mordfall auf sich beruhen lassen - „zu den Akten legen“ wäre zu viel gesagt, denn die sind unauffindbar. Und Alois Erhart, Emeritus der Volkswirtschaft, soll in einem Think-Tank der Kommission vor den Denkbeauftragten aller Länder Worte sprechen, die seine letzten sein könnten.
In Brüssel also laufen die Fäden zusammen – und ein Schwein durch die Straßen. Und was macht Brüssel? Es sucht einen Namen für das Tier. Und David de Vriend bekommt ein Begräbnis, das stillschweigend zum Begräbnis einer ganzen Epoche wird: der Epoche der Scham.
In seinem neuen Roman spannt Robert Menasse einen weiten Bogen zwischen den Zeiten, den Nationen, dem Unausweichlichen und der Ironie des Schicksals, zwischen kleinlicher Bürokratie und großen Gefühlen. Der Autor, der den Prozess der europäischen Einigung für "den entscheidenden in unserer Lebenszeit" hält, veröffentlichte bereits 2013 gemeinsam mit der Politologin Ulrike Guérot ein Manifest für die Begründung einer Europäischen Republik. Mit Die Hauptstadt hat er nun einen formidablen Europa-Roman geschaffen, der "zur richtigen Zeit die brennenden Fragen stellt" (Die Zeit).
Robert Menasse, geb. 1954 in Wien, studierte Germanistik, Philosophie und Politik und promovierte 1980 über den Typus des Außenseiters im Literaturbetrieb. Anschließend war er sechs Jahre an der Universität São Paulo tätig. Seit 1988 lebt er als Autor und Essayist hauptsächlich in Wien und erhielt für sein Werk zahlreiche Preise, u.a. den Max-Frisch-Preis 2014, Prix du livre européen 2015 und den Deutschen Buchpreis 2017.
Ulrich Kühn, geb. 1967 in Karlsruhe, studierte Theaterwissenschaft, Germanistik und Philosophie und promovierte über das Zusammenspiel von gesprochener Sprache und Musik im Theater. Er arbeitete als freier Autor und Rezitator, ab 2000 als Moderator für den NDR und leitet heute die Redaktion Kulturmagazine bei NDRkultur.
VVK: Kasse im Künstlerhaus, Tel. 0511 168 41 222, Mo - Fr, 12 – 18 Uhr, und im NDR Ticketshop.
Ort: Kleiner Sendesaal des NDR, Rudolf-von-Bennigsen-Ufer 22, 30169 Hannover
Die Aufzeichnung des Abends hören Sie am 10. Dezember 2017 in der Sendung Sonntagsstudio auf NDR Kultur.
Literaturhaus Hannover, NDR Kultur